Wie können Unternehmen ihre Steuerung anpassen, um in einem dynamischen Umfeld langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben? Welche Herausforderungen müssen für eine agile Steuerung bewältigt werden und welche Chancen können realisiert werden?
Diese Fragen wurden während des vergangenen CFO-Roundtables in Düsseldorf mit CFOs aus unterschiedlichen Branchen diskutiert.
Dabei wurden verschiedene Modelle und Ansätze wie Objectives und Key Results beleuchtet, die CFOs dabei unterstützen, die Steuerung ihrer Unternehmen anzupassen. Der Experte und Gastredner Dr. Jochen Holzwarth, (Geschäftsführer der Dynamic Finance GmbH) hat die Diskussion mit zusätzlichen Impulsen aus der deutschen Wirtschaft bereichert.
Lange beschrieb das sogenannte VUCA-Konzept (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität) die dynamischen und komplexen Herausforderungen der Geschäftswelt. Aber in Zeiten von Inflationsdruck, Zinsanstiegen, Klimawandel, digitaler Transformation und sich ständig verändernden Bedingungen erweist sich das VUCA-Modell als zunehmend veraltet. Nun weicht es einem neuen – dem BANI-Modell.
Der amerikanische Zukunftsforscher Jamais Cascio entwickelte das BANI-Modell, das für “Brittle“ (brüchig), “Anxious“ (ängstlich), “Non-linear“ (nicht-linear) und “Incomprehensible“ (unverständlich) steht. Es dient als Leitfaden, um die veränderten Bedingungen besser zu verstehen und effektiv darauf reagieren zu können.
“Brittle“ beschreibt Systeme, die auf den ersten Blick stabil wirken, aber nicht genug Flexibilität besitzen, um Druck standzuhalten. Dies zeigt sich beispielsweise bei Unternehmen, die starren Prozessen folgen, sich jedoch nicht rechtzeitig an die schnelllebige digitale Welt anpassen können.
“Anxious“ spiegelt die weit verbreitete Angst und Sorge um die Zukunft wider, die zu vorsichtigem und passivem Verhalten führen kann, wie beispielsweise die Unsicherheit des Investierens in volatilen Wirtschaftszeiten.
“Non-linear“ spricht die Herausforderung an, dass Ereignisse und Entwicklungen immer weniger vorhersehbar und schwer nachvollziehbar werden. Dies zeigt sich beispielsweise in der Unvorhersehbarkeit von Markttrends und Konsumentenverhalten.
“Incomprehensible“ stellt das Paradoxon dar, in dem wir leben: Trotz der Fülle an Daten und Tools, die uns zur Verfügung stehen, fühlen wir uns oft überfordert und haben das Gefühl, die Welt nicht zu verstehen.
Im Gegensatz zu VUCA legt BANI den Schwerpunkt auf die Gefühle und Gedanken der Menschen, die in solchen Situationen leben und arbeiten. Man könnte sagen, VUCA beschreibt die Situation oder Umgebung, während BANI mehr darauf achtet, wie die Menschen darauf reagieren.
Zusammen mit dem BANI-Modell, hat Cascio einige Möglichkeiten zur Umsetzung entwickelt. Diese erlauben es, auch Bereiche zu betrachten, die zuvor von VUCA vernachlässigt wurden und geben Aufschluss über die Auswirkung sich verändernder Umstände auf die Menschen selbst. Dazu beschreibt er den RAAT-Ansatz (Resilienz, Achtsamkeit, Adaption, Transparenz), um emotionalen und psychologischen Herausforderungen zu trotzen.
Als CFO sollten Sie Strategien entwickeln und umsetzen, die das frühe Erkennen und Abwehren von unvorhersehbaren Krisen für ihr Unternehmen gewährleisten. Sie sollten in Risikomanagement-Tools und -techniken investieren und detaillierte Notfallpläne erarbeiten, um Krisen nicht nur zu bewältigen, sondern daraus gestärkt hervorzugehen.
Sie sollten eine Kultur der Achtsamkeit etablieren, die es Ihren Mitarbeitern ermöglicht, ihre Emotionen zu regulieren und Stress zu reduzieren. Dies könnte durch Trainings oder Workshops zur Stressbewältigung und zur Verbesserung des emotionalen Wohlbefindens erreicht werden. Eine achtsame Arbeitsumgebung kann die Produktivität steigern und die Mitarbeiterzufriedenheit verbessern.
Nutzen Sie neue Technologien, insbesondere datengesteuerte Erkenntnisse und KI-Technologien, um fundierte Entscheidungen zu treffen und erfolgreich Prozesse zu digitalisieren und zu automatisieren. Betonen Sie die Bedeutung der Anpassungsfähigkeit in Ihrer Organisation. Reagieren Sie nicht nur auf Veränderungen, sondern handeln Sie proaktiv. Dies bedeutet, dass Sie sich kontinuierlich auf potenzielle Veränderungen vorbereiten und flexibel genug sind, um Ihre Strategien entsprechend anzupassen. Schulen Sie Ihre Mitarbeiter darin, veränderte Bedingungen als Möglichkeiten zu sehen und nicht als Hindernisse.
Sie sollten Informationen innerhalb Ihres Unternehmens zugänglich und verständlich machen. Bilden Sie dazu cross-funktionale Teams zur Verbesserung des Informationsflusses und zur Entwicklung innovativer Lösungen. Als CFO spielen Sie eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung relevanter finanzieller Daten und sollten diese Informationen so präsentieren, dass sie von allen im Unternehmen verstanden werden können. Transparenz schafft Vertrauen, verbessert die Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens und ermöglicht es allen, fundierte Entscheidungen zu treffen.
Die klassische, hierarchisch organisierte Finanzabteilung war einst die Norm, ist aber in Zeiten von BANI zunehmend ungeeignet. „Wir müssen uns weg von starren Organigrammen und hin zu flexiblen, innovativen und adaptiven Arbeitsweisen bewegen“, betont Dr. Holzwarth.
Die Umstellung auf eine agile Organisation bedeutet aber nicht, die Hierarchie komplett über Bord zu werfen. „Es geht nicht um Entweder – Oder, sondern um ein Gleichgewicht zwischen den Stärken beider Organisationsmodelle“, erklärt Dr. Holzwarth. „Eine hybride Struktur, in der agile und hierarchische Organisationen koexistieren, kann die Lösung sein“, so Dr. Holzwarth. „Transaktionale Aufgaben bleiben hierarchisch organisiert, innovative Aufgaben werden durch agile Organisation schneller und besser gelöst. Dort wird die ´Schwarmintelligenz´ genutzt, indem Mitarbeiter mit ganz verschiedener Erfahrung gemeinsam Lösungen entwickeln. Die Lösungen werden in kurzen Zyklen als Prototyp erarbeitet, dann mit den internen Kunden getestet und mit deren Feedback weiterentwickelt.“
„Die CFOs von heute sind aufgefordert, eine proaktive Rolle bei der Gestaltung der Unternehmenssteuerung zu übernehmen. Sie sind in der Lage, den Wandel zu antizipieren und vorausschauende Maßnahmen zu ergreifen“, betont Philipp Tetzlaff, Director Permanent Business bei Robert Walters in Düsseldorf. „Mit dem Verständnis des BANI-Modells und der Anwendung des RAAT-Ansatzes wird es ihnen gelingen, die Unsicherheiten und Herausforderungen der heutigen Geschäftswelt zu meistern und gleichzeitig neue Chancen zu erschließen“, fügt er hinzu.
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