Selbst wenn wir Frauen der Meinung sind, eine Beförderung, Gehaltserhöhung oder ein besseres Gesamtpaket zu verdienen, fällt es uns oft nicht leicht, danach zu fragen. Mit unseren Tipps steigern Sie Ihr Durchsetzungsvermögen bei der Gehaltsverhandlung.
Laut einer Studie von Mintel sind Frauen in Gehaltsverhandlungen noch immer zurückhaltender als Männer: Während 42 % der Männer selbstbewusst nach einer Gehaltserhöhung fragen, sind es bei den Frauen nur 22 %.
„Frauen fragen viel seltener nach einer Gehaltserhöhung”, weiß Sophia Dunker, Internal Talent Acquisition bei Robert Walters Deutschland & Schweiz, und begründet dies mit dem oftmals geringeren Selbstbewusstsein der Frauen.
„Man sagt, dass Frauen bei einer Stellenbeschreibung vorrangig auf die Punkte achten, die sie nicht erfüllen”, sagt Sophia. „Männer hingegen bewerben sich auch auf Positionen, bei denen sie beispielsweise nur 4 von 10 Kriterien erfüllen.“
Joanne Chua, Regional Client Development Director für Robert Walters Südostasien und China, fügt hinzu: „Selbstbewusstes Auftreten am Arbeitsplatz und Gehaltsverhandlungen fallen vielen Frauen schwer. Wir Frauen sind oft der Meinung, wir seien nicht gut genug.”
Wie können wir unser Selbstbewusstsein steigern und lernen, über Geld zu sprechen?
Nervosität bei Gehaltsverhandlungen kann viele Gründe haben – Mangel an Selbstbewusstsein, Angst, gegen Normen zu verstoßen, als unverschämter Feilscher gesehen zu werden oder allgemeine Angst vor Ablehnung. Es ist aber wichtig, sich bewusst zu sein, dass Gehaltsverhandlungen ein Grundrecht jedes Arbeitnehmers sind und auch Ausdruck für einen guten Geschäftssinn sind. In Gehaltsverhandlungen können Sie Ihrem Chef mit Verhandlungsgeschick und durchdachter Argumentation imponieren.
„Niemand wird Sie für den Wunsch nach einer Gehaltserhöhung verurteilen”, sagt Sophia Dunker. „Jeder Arbeitgeber wird Ihr Selbstbewusstsein und Ihr Ziel schätzen. Und wenn er es nicht tut, sagt es vielleicht einiges über die allgemeine Wertschätzung der Mitarbeiter in diesem Unternehmen aus. Fragen Sie sich immer: Was ist das Schlimmste, was passieren könnte?”, fügt Joanne Chua hinzu. „Das Schlimmste, was passieren könnte, wäre, dass der Chef Nein sagt. Und weiter: Bin ich lieber jemand, der es wenigstens versucht hat oder der sich nicht getraut hat zu fragen?“
„Sie sollten sich so gut wie möglich auf das Gespräch vorbereiten”, empfiehlt Sophia Dunker. „Beginnen Sie mit einem Rückblick auf das letzte Jahr und überlegen Sie, wo Sie besonders erfolgreich waren. Schauen Sie sich Ihre Stellenbeschreibung noch mal genau an und überlegen Sie, worin Sie gut bzw. besonders gut waren. Fragen Sie sich, an welchen erfolgreichen Projekten Sie beteiligt waren und was Ihre Rolle dabei war. Schreiben Sie genau auf, wie Sie zu dem Erfolg des Projekts, des Teams und des Unternehmens beigetragen haben.
Diese Übung hilft Ihnen, sich bewusst zu machen, warum Sie eine Gehaltserhöhung verdient haben. Und es zeigt Ihrem Chef, dass Sie wichtig für das Unternehmen sind. „Oft ist es Ihrem Chef gar nicht bewusst, dass Sie so viel zum Unternehmenserfolg beitragen“, sagt Sophia. „Erinnern Sie sich an positives Feedback, das Sie in Jahresgesprächen erhalten haben, oder an Situationen, in denen Sie von Ihren Kollegen, Kunden oder Geschäftspartnern gelobt wurden.“
Sie sollten Ihren Wert vor der Verhandlung kennen und objektiv einschätzen können, was Sie gegenüber Ihrem Chef fordern können. „Verhandeln Sie nicht einfach nur so oder weil Sie beweisen wollen, dass Sie gut verhandeln können“, rät Joanne Chua. „In jedem Fall sollten Sie vor dem Gespräch umfangreich recherchieren.“
Die Gehaltsstudie von Robert Walters kann hierbei hilfreich sein. Zudem gibt es regelmäßige Gehaltsstudien auf Stellenportalen oder Karriereseiten wie StepStone oder kununu. Sie sollten genau wissen, welche Gehaltssteigerung in Ihrer Branche und mit Ihrer Erfahrung realistisch ist.
Oder sprechen Sie mit Ihrem Personalberater, der einen genauen Einblick in die aktuellen Gehaltsspannen und -trends hat. Er wird Ihnen in einem solchen Fall gut helfen können.
Jedoch raten wir davon ab, mit Kollegen über das Gehalt zu sprechen. „Sie sollten auch niemals das Argument , er oder sie verdient aber 500 Euro mehr als ich‘ anführen. Damit würden Sie Kollegen in den Rücken fallen und zudem unprofessionell wirken – eine Gehaltsverhandlung sollte immer auf Ihren Qualifikationen und Erfolgen basieren“, sagt Sophia Dunker.
„Insbesondere Frauen müssen oftmals die richtige Wortwahl für Gehaltsverhandlungen üben“, sagt Sophia. „Üben Sie so lange, bis Sie es können“. Sophia betont, dass Frauen darauf achten müssen, sich freundlich, aber bestimmt durchzusetzen, ohne wie eine Bittstellerin oder bedauernswerte Person zu wirken.
Wir empfehlen, einen konsequenten, aber respektvollen Gesprächsverlauf mit einer vertrauten Person zu üben. Vermeiden Sie hierbei Aussagen wie z. B.: „Wäre es möglich, dass …”, „Es tut mir leid, dass...“, „Ich bin so dankbar für …“.
Joanne Chua empfiehlt, die Gehaltsverhandlung mit jemandem zu üben, der bereits Erfahrung damit hat und Ihnen als eine Art Mentor zur Seite steht.
Betrachten Sie Ihre Argumentationskette so neutral wie möglich. Sophia rät: „Fragen Sie sich, wie viel jemand verdienen sollte, der diesen Job macht, dieses Budget verantwortet und diese Projektverantwortung trägt.”
Es ist wichtig, den richtigen Zeitpunkt für Gehaltsverhandlungen zu finden. „Wenn das jährliche Mitarbeitergespräch im Januar ansteht und Sie im Februar nach einer Gehaltserhöhung fragen, haben Sie Ihre Chance verpasst.” In diesem Fall wäre November besser, um Ihrem Chef genügend Zeit zu geben, das Gehalt bis zum Jahresgespräch zu überdenken.
Vermeiden Sie es, mehrere wichtige Themen in einem Gespräch anzusprechen. Die Gehaltsverhandlung sollten Sie niemals mit anderen Themen vermischen, empfiehlt Sophia. So stellen Sie sicher, dass dem Thema die volle Aufmerksamkeit gewidmet wird.
Sie müssen nicht als Verhandlungsprofi geboren sein – die wichtigsten Tipps und Tricks können Sie hier lesen:
„Stellen Sie kein Ultimatum, wenn Sie nicht das bekommen, was Sie möchten”, sagt Sophia Dunker. „Fordern Sie stattdessen etwas Bedenkzeit, etwa so: ,Geben Sie mir bitte Zeit, dies zu überdenken, und ich melde mich wieder bei Ihnen.‘ Seien Sie auf keinen Fall emotional, zickig oder kleinlich.“
Manchmal werden Ihre Forderungen nicht erfüllt. Möglicherweise darf Ihr Chef diese Entscheidung nicht oder nicht alleine treffen. In einem solchen Fall sollten Sie einen Folgetermin vereinbaren, an dem Sie das Thema erneut mit ihm/ihr besprechen und final klären. Fragen Sie Ihren Chef, wann es ihm zeitlich am besten passt, und legen Sie einen konkreten Termin in der Zukunft fest, auf den Sie sich beide verlassen können.
Beenden Sie das Gespräch immer positiv. Unabhängig vom Gesprächsausgang sollten Sie eine konkrete Vereinbarung finden und Ihrem Gegenüber für die Zeit und Mühe danken.
Sollten Sie weiterhin nicht glücklich mit Ihrem Gehaltspaket oder der angebotenen Lösung sein, bleibt Ihnen immer noch, sich nach einem neuen Job umzuschauen, der Ihre Ansprüche erfüllt.
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