15.08.2023 – Der Arbeitsmarkt in der zweiten Jahreshälfte 2023 kann sich in beide Richtungen entwickeln, aber eines ist so gut wie sicher: Der Personalmangel in der Rechtsbranche wird weiter zunehmen. Und das wirkt sich auch auf die Gehälter aus. „Alle können um eine Gehaltserhöhung bitten. Nicht nur Anwälte und Unternehmensjuristen, sondern auch Rechtsanwaltsfachangestellte“, erklärt Lisa Gloos, Managing Consultant Banking & Financial Services bei Robert Walters.
Gloos sieht Gehaltserhöhungen auf allen Ebenen. Alle Juristen werden mehr verdienen, egal ob sie Berufsanfänger sind oder fünf Jahre Berufserfahrung haben. Sowohl in der Anwaltschaft als auch bei den juristischen Dienstleistungen. „Vor einem Jahr waren vor allem Fachleute der mittleren Ebene gefragt, heute ebenso Berufsanfänger. Auf Kanzleiebene sind die Gehaltserhöhungen besonders bei Kandidaten mit vollbefriedigenden Examensnoten spürbar“, klärt sie auf.
Gloos kann die Entscheidung, Junioren einzustellen, gut nachvollziehen, gibt aber einen anderen Ratschlag:
Dämpfen Sie den Personalmangel mit erfahrenen Spezialisten.
Heutzutage verdienen Berufseinsteiger und mittlere Angestellte aufgrund der hohen Gehälter fast genauso viel wie ein langjähriger Mitarbeiter, und das ist außergewöhnlich.
Deshalb ist es besser, sich für den Senior zu entscheiden: Dann stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis.
Die Erklärung für die anhaltende Knappheit und die hohen Gehälter liegt in der wachsenden Bedeutung des juristischen Berufs. „Es werden ständig neue Stellen für Juristen ausgeschrieben, unter anderem, weil viele Richtlinien überarbeitet oder verschärft wurden. Wenn man dann noch bedenkt, dass heutzutage fast alle geschäftlichen Angelegenheiten von der Rechtsabteilung aufgegriffen oder überwacht werden müssen, versteht man, dass der Personalmangel immer größer wird“, so Gloos.
Der Bedarf an Generalisten wächst stetig – vor allem in kleineren Unternehmen und Start-ups. Aber auch in einigen Spezialisierungen, wie etwa dem IT-Recht, dem Datenschutz und bei generellen Digitalisierungsthemen ist die Nachfrage deutlich gestiegen.
Da die Zahl der Juristen in Unternehmen zunimmt, sollte man erwarten, dass die Nachfrage nach externen Anwaltskanzleien zurückgeht. Schließlich sitzt das juristische Fachwissen zunehmend im eigenen Haus. „Doch das Gegenteil ist der Fall“, stellt Gloos fest. „Der Bedarf an juristischem Wissen wächst auf allen Seiten, auch innerhalb der Anwaltschaft. Das Problem ist, dass die Universitäten nicht mehr Studenten ausbilden als noch vor einigen Jahren. Ganz im Gegenteil nimmt die Zahl der Absolventen eines Jurastudiums sogar weiter ab. Das hat zur Folge, dass der extreme Mangel weiter anhält.“
Gloos hat eine klare Botschaft für Unternehmen, die auf der Suche nach den begehrten Juristen sind: „Es gibt nur eines zu tun: Sie müssen den Trend zu den hohen Gehältern mitmachen. Schließlich haben Sie es mit einer neuen Generation zu tun, die andere Erwartungen hat. Um ein attraktiver Arbeitgeber zu werden und zu bleiben, müssen Sie diese Zielgruppe gut entlohnen. Schließlich gibt es genügend Mitbewerber, die die geforderten Gehälter bereitwillig zahlen.“
Darüber wagt Gloos keine Aussagen. „Ich bin seit über sieben Jahren in der Personalberatung tätig und habe noch nie so viele freie Stellen und so hohe Gehälter gesehen. Neulich musste ich einem Kunden mitteilen, dass ich den perfekten Kandidaten nicht finden konnte, weil er 'nur' 100 000 € Gehalt bot. Vor ein paar Jahren hätte ich nie gedacht, dass die Gehälter so schnell in die Höhe schießen würden.“, merkt Gloos an.
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